Ur-Erde (Takimo 6)

Unsere Erde bildete sich vor 4,6 Milliarden Jahren aus einer rotierenden Gas- und Staubwolke. Staubteilchen kollidierten, blieben aneinander haften und bildeten schließlich immer größere Massen, deren Schwerkraft (Gravitation) weitere Materie anzog. (s. Lexikon Planetenentstehung)

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Planetesimale (Painting courtesy W.K. Hartmann)

So bildeten sich zunächst eine Unzahl Gesteinsbrocken, so genannte Planetesimale. Diese unregelmäßig geformten Körper in Kilometergröße gelten als Bausteine der Planeten. Die meisten Planetesimale prallten wieder mit anderen zusammen. Die Größeren besaßen stärkere Anziehungskraft und wuchsen daher schneller. Zu diesem Zeitpunkt muss die Ur-Erde ein riesiger, stetig wachsender Gesteinsbrocken gewesen sein, in dem zunächst noch alle Elemente gleichmäßig verteilt waren.

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Die glühende Ur-Erde (Copyright Bonestell Space Art, used with permission)

Drei verschiedene Phänomene sorgten dafür, dass sich diese Ansammlung von Materie aufzuheizen begann, und sich die Ur-Erde in eine Kugel flüssigen Magmas verwandelte:
1. Mit zunehmender Größe nahm auch die Schwerkraft zu und erhöhte den Druck auf das Innere. Dadurch wurde die zukünftige Erde von innen heraus auf etwa 1000 Grad Celsius aufgeheizt.
2. Einige Elemente der Ur-Erde waren radioaktiv. Ihr Zerfall heizte den jungen Planeten zusätzlich um weitere 1000 Grad auf.
3. Nach wie vor kollidierten zahlreiche Gesteinsbrocken mit der Ur-Erde. Durch diese Zusammen­stöße wurde ebenfalls Wärmeenergie freigesetzt.

Bei einer Temperatur von über 2000 Grad muss der ganze Planet ein riesiges Meer von Magma gewesen sein, eine Kugel flüssigen Magmas, die durch das Weltall trieb. Bei diesen Temperaturen schmolz aber auch eines der häufigsten Elemente der Ur-Erde, das Eisen. Unter den verflüssigten Elementen gehören Eisen und Nickel zu den Schwersten. Aus diesen schwereren Elementen, die zum Erdmittelpunkt absanken, bildete sich der Kern, während die leichteren Elemente, wie Silizium oder Aluminium, nach oben trieben. Aus den leichteren Elementen formten sich so Mantel und Erdkruste. Daraus entstand der noch heute existierende Aufbau der Erde.

 

Der Aufbau der Erde

Die heutige Erde besteht aus fünf Bereichen, so genannten Sphären: Der erste Bereich, die Atmosphäre, ist gasförmig. Der Zweite, die Hydrosphäre, ist flüssig. Dritter, vierter und fünfter Bereich sind Lithosphäre, Erdmantel und Erdkern.

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Der Schalenbau der Erde (nach Beatty, 1990)

Ähnlich wie ein Kind im Bauch einer Schwangeren mit Ultraschall sichtbar gemacht wird, kann durch Verfolgung der Ausbreitung von Erdbebenwellen der Aufbau des Erdinnern erforscht werden.

Die Lithosphäre umfasst die ca. 10 bis 30 km dicke Erdkruste, die Haut der Erde, und reicht bis in eine Tiefe von etwa 120 km. Sie besteht aus sprödem, festem Gestein.

Unter der Lithosphäre liegt der dreigeteilte Erdmantel, der bis in 2900 km Tiefe reicht. Der etwa 300 km mächtige obere Mantel ist durch eine 250 km dicke Übergangszone vom unteren Mantel getrennt. Im Erdmantel ist die Temperatur bereits derart hoch, dass das Gestein plastisch verformbar ist. Mit zunehmender Tiefe steigt die Temperatur immer weiter an, bis sie in 2900 km Tiefe 2700 Grad Celsius erreicht. Der Erdmantel ist wie eine Ansammlung riesiger Walzen. Heißere Gesteins­massen steigen mit Geschwindigkeiten im Bereich von ungefähr 3 cm pro Jahr auf und kühlere sinken ab. Dort wo Gesteinsschmelze aufsteigt, reißt der Mantel die Krustenplatten auseinander. Dort wo der Mantel wieder in die Tiefe sinkt, zieht er die Kruste mit nach unten. Diese Konvektionsströme der Gesteinsmassen im Erdmantel treiben die Bewegungen auf der Erdkruste an. Die Verschiebung der Kontinente, die Auffaltung von Gebirgen und viele vulkanische Erscheinungen haben ihren Ursprung in diesen Konvektionsströmen des Erdmantels.

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Dargestellt sind die Konvektionswalzen des Erdmantels, auf denen die einzelnen Krustenplatten treiben (Quelle und Copyright USGS)

Zwischen Erdmantel und Erdkern liegt eine etwa 200 km dicke Grenzschicht, die so genannte D”-Schicht (sprich: D-Zwei-Strich-Schicht). In ihr findet ein Temperatursprung von 2700 auf 5000 Grad statt. In dieser D”-Schicht, an der Grenze zwischen Erdmantel und Erdkern, herrschen Temperaturen wie auf der Sonnenoberfläche. Hier mischen sich uralte, von der Oberfläche abgesunkene Kontinente mit Eisenschlacke, die aus dem Kern aufsteigt. Dieser Friedhof der Erdplatten ist zugleich der Ursprung gigantischer Magmapilze, die Inseln wie Hawaii entstehen lassen und wie Schweißbrenner Kontinente aufschmelzen können. Auf den seismischen Tomogrammen des Geophysikers Michael Wysession von der Washington University in St. Louis hat man vor kurzem (2005) in der D”-Schicht spukhafte Gebilde von 500 Kilometern Breite und mehreren tausend Kilometern Länge gefunden. Es wird vermutet, dass es sich da bei um Erdplatten handelt, die vor vielen Millionen Jahren versunken sind. Weil die Platten unter dem heutigen Mittelmeer liegen, könnte es sich um die abgesunkenen Überreste des Ur-Mittelmeerraums handeln.

An die D”-Schicht schließt sich der äußere Kern unseres Planeten an, dessen Konsistenz kaum zäher als Wasser ist. Dieser “eiserne Ozean” ist rund 2000 km tief und reicht 5150 km tief in die Erde. Er besteht aus Eisen, Nickel und “Verunreinigungen” durch leichtere Elemente. Am Grund des äußeren Kerns herrscht ein so hoher Druck, dass das Eisen dort fest wird.

Beim Übergang vom festen zum flüssigen Zustand wird stets Wärme frei. Daher wirkt der sich verfestigende metallische Erdkern wie eine heiße Herdplatte, die das Wasser im Topf darüber aufsteigen und umwälzen lässt (Konvektions­ströme). Die durch die Verfestigung des inneren Erdkerns freiwerdende Hitze ist der Motor zahlreicher geophysikalischer Prozesse, wie z. B. Erdmagnetismus und Kontinentaldrift.

Da verfestigende Regionen einer Flüssigkeit dazu neigen, Verunreinigungen in die verbleibende Flüssigkeit abzustoßen, dürfte der innere, feste Erdkern nur aus nahezu reinem Eisen (und etwas Nickel) bestehen. Derselbe Effekt sorgt z. B. dafür, dass sich auf dem Meer Eisschollen bilden, die aus reinem, salzlosem Wasser (Süßwasser) bestehen.

Der innere Kern unseres Planeten besteht also wahrscheinlich aus einer soliden Kugel reinen Eisens mit einem Durchmesser von 2600 km. An ihrer Oberfläche lagert sich ständig neues reines Eisen aus dem darüber liegenden verunreinigten “eisernen Ozean” an, so dass der Radius des inneren Erdkerns um schätzungs­weise einen Zentimeter pro Jahr wächst.

Im 6370 km Tiefe liegenden Erdmittelpunkt herrschen dreieinhalb Millionen bar Druck, und die Temperatur erreicht 6500 Grad. Unter normalem Druck (1 bar) wäre 6500 Grad heißes Eisen ein Gas.

 

Ur-Atmosphäre

Zunächst aber war die Oberfläche der Ur-Erde ein Meer flüssigen Magmas, und aus ihr stiegen heiße Gase auf und bildeten zusammen mit der verdampften Materie eingeschlagener Meteoriten die Ur-Atmosphäre. Man geht davon aus, dass diese Atmosphäre in etwa dieselbe Zusammensetzung hatte wie die heute noch von Vulkanen ausgestoßenen Gase: Wasserdampf, Kohlendioxid, Stickstoff und Spuren anderer Gase wie Ammoniak und Methan. Sauerstoff fehlte.
Große Wärmemengen wurden in den Weltraum abgestrahlt und die Ur-Erde kühlte immer weiter ab. Vor 4,2-3,8 Milliarden Jahren erstarrte das geschmolzene Gestein an der Oberfläche, und über weite Bereiche bildete sich eine erste, noch brüchige Kruste. Immer wieder wurde sie aber noch an vielen Stellen von Meteoriten durchschlagen. Dort stieg Magma auf und breitete sich aus. Vulkane stießen Lava aus, die sich verfestigte und die erste kontinentale Kruste bildete. Sie schwamm auf dem darunter liegenden dichteren Mantel. Vor 2,5 Milliarden Jahren hatte sich schließlich feste, kontinentale Erdkruste gebildet, die, ähnlich wie heute, in einem Mosaik einzelner beweglicher Platten angeordnet war. (siehe unten Plattentektonik und Kontinentaldrift)

Als die Erdoberfläche auf unter 100 Grad Celsius abgekühlt war, konnte der Wasserdampf in der Atmosphäre kondensieren, und es setzte ein etwa 40 000 Jahre andauernder Regen ein. Es kam zu heftigen Gewittern, und der niedergehende Regen bildete die Ur-Meere. Die Kruste war jetzt dick genug, um den Meteoriteneinschlägen standzuhalten. Die ersten Bäche und Flüsse erodierten das Gestein und schwemmten Sand und Schlamm ins Meer, wo sie sich als Sedimentschichten absetzten.

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Die Entwicklung von Leben auf der frühen Erde (Artwork courtesy of JPL / NASA)

Durch die elektrische Energie der Blitzentladungen angeregt, verbanden sich Elemente und einfachste chemische Verbindungen zu komplexeren Molekülen. Im Meerwasser war jetzt eine Vielzahl von Molekülen gelöst. Aus dieser Ursuppe bildeten sich die Grundbausteine organischen Lebens. Die ersten Cyanobakterien lebten frei im Wasser und produzierten mittels der Photosynthese Sauerstoff. Dabei entsteht mit Hilfe des Sonnenlichts aus gelöstem Kohlendioxid Zucker, der als Ausgangsprodukt energiereicher, höherer Kohlenstoffverbindungen dient. Als Abfallprodukt entsteht Sauerstoff. So begann sich vor rund 1,9 Milliarden Jahren der Sauerstoff in der Atmosphäre anzusammeln, bis er der zweithäufigste Bestandteil der Luft wurde. Ein Teil dieses Sauerstoffs wandelte sich in Ozon um, das die Erde bis heute gegen die schädlichen ultravioletten Strahlen der Sonne schützt. So konnten sich auch in den oberen Schichten de r Gewässer höhere Lebensformen entwickeln.

Die heutige Atmosphäre setzt sich wie folgt zusammen: Stickstoff 78%, Sauerstoff 21%, Argon 0,93%, Kohlendioxyd 0,03% (variabel), Neon 0,0018%.

 

Plattentektonik und Kontinentaldrift

Erst in den sechziger Jahren wurde das bis dahin gültige Bild einer starren Erde mit ortsfesten Kontinenten gründlich durcheinander gebracht. Heute wissen wir, dass sich die Kontinente seit Milliarden von Jahren verschieben. Die treibenden Kräfte für diese Plattentektonik sind gigantische Walzen zähplastischen Gesteins im Erdmantel. Auf diesen Walzen treiben die Plattenschollen.

An den Grenzen zweier Platten ist die Erdkruste so dünn und brüchig, dass heißes Mantelmaterial nach oben dringen kann und Vulkane bildet. Weit über 90% aller Vulkane sind an Plattengrenzen zu finden. Daneben gibt es die Exoten wie Hawaii. Dort dringt Material aus großen Tiefen empor, so genannte Mantelplumes, und durchschweißt die Erdkruste punktuell an irgendeiner Stelle. Deshalb wird diese Art Vulkanismus „Hot-Spot“ genannt.
Wenn man heute die Küstenlinien der Kontinente genauer betrachtet, stellt man fest, dass diese wie ein Puzzle zusammenpassen. Daraus schließt man, dass diese einmal zusammen gewesen sein müssen. Verfolgt man die Bewegung der Kontinente in die Vergangenheit zurück, dann ergibt sich daraus folgendes Bild. Als vor 200 Millionen Jahren die Saurier auf der Erde lebten, gab es nur eine einzige riesige Landmasse. Es war Pangea, der jüngste Superkontinent.

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Die Erde vor 237 Millionen Jahren – der Superkontinent Pangea (Quelle www.scotese.com)

Als die Kontinente zuvor zusammenkamen, um Pangea zu bilden, hatten sich an den Kollisionslinien Gebirge aufgefaltet, von denen einige noch immer bestehen, wie die Appalachen und der Ural. Zwei riesigen Ozeane, Panthalassa und Tethys, umgaben Pangea.

Pangea zerbrach vor 220-150 Millionen Jahren in zwei Kontinente auseinander, und zwar in den Nordkontinent Laurasia, der sich wiederum in Nordamerika und Eurasien spaltete, und den Südkontinent Gondwana, aus dem Südamerika, Afrika, Indien, Australien und Antarktika hervor gegangen sind. Der Erdmantel unter Pangeas ehemaliger Position ist noch immer heiß und versucht aufwärts zu steigen. Das ist der Grund warum Afrika einige zehn Meter höher liegt als die anderen Kontinente.

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Die Erde heute (Quelle www.scotese.com)

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In 250 Millionen Jahren wird sich ein Großteil der Landmassen wieder in einem neuen Superkontinent, Pangea Ultima, vereint haben (Quelle www.scotese.com)


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