Audio CD • Spieldauer ca.60 Minuten • in Arbeit
In dem Moment als das flackernde Licht der Öllampe über die in Stein gemeißelten Götter huschte, erwachten diese plötzlich zu Leben. Wer war da in ihre alte Götterwelt eingedrungen und interessierte sich jetzt wieder für sie? Lange war es her, dass ihnen Ehrerbietung entgegen gebracht wurde: jene glorreiche Zeit, da man nicht den toten Stein anbetete, sondern die Idee, die er verkörperte.
SZENE AUS DEM SKRIPT
NOUI: Die ganzen Statuen, Gemälde, Schriftrollen, wie in einem Museum!
TAKIMO: Sind Sie vielleicht Ethnologe?
MYTHOLOGE: Ja, aber auch Soziologe, Psychologe, Kulturwissenschaftler … von allem etwas. Zusammengefasst bin ich sowas wie ein „Mythenforscher“, der versucht, das eigentliche Wesen der Mythen zu ergründen.
TAKIMO: (nachdenklich) Mythen, Geschichten über Götter und die Entstehung der Welt.
MYTHOLOGE: All das hier sind Kulturgegenstände, welche die Mythologien der verschiedensten Völker hervorgebracht haben. In dieser Stadt interessiert sich niemand mehr dafür. „Alter Plunder, auf dem der Staub der Jahrtausende ruht, unnützes Zeug das nur Platz wegnimmt.“
NOUI: Aber Sie scheinen sich dafür zu interessieren.
MYTHOLOGE: (geheimnisvoll) Ja, denn in all diesen Objekten schlummert ein Geheimnis, und, wer es zu wecken vermag, zu dem beginnt der tote Stein wieder zu sprechen.
TAKIMO: Und was erzählt er?
MYTHOLOGE: In diesen Artefakten ist das innere Erleben der alten Völker gespeichert: was sie bei der Begegnung mit den Wundern der Natur fühlten, wie sie diese interpretierten, ihre Hoffnungen, ihre Freuden, ihre Ängste. Wer eine Kultur wirklich verstehen will, der muss ihre innere Gefühlswelt erforschen, und diese spiegelt sich vor allem im Mythos wieder.
NOUI: (überlegt) Wie entstehen Mythen überhaupt?
MYTHOLOGE: Die Außenwelt ruft in den Lebewesen eine sich ständig ändernde Flut von Eindrücken hervor. Im Gedächtnis formen sich aus diesem Erlebnisstrom im Laufe der Zeit bestimmte wiederkehrende Grundgestalten, aufgeladen mit Emotionen, Bedeutung und Sinn. Diese archetypischen Erlebnisse versucht man, mithilfe symbolischer Formgebung festzuhalten. An die Stelle des verfließenden Inhalts tritt die frühste Form einer Weltgliederung, aus dem Gefühl wird ein Werk. Das hier ist z.B. so ein Werk.
NOUI: Eine Elfe, mitten im Wald, in einem Meer von Pflanzen!
MYTHOLOGE: Ja, ist sie nicht schön gelungen?
TAKIMO: Ein Kleid aus Blättern, das Haupt von Farn geschmückt, … und die Libellenflügel, fast durchsichtig!
NOUI: Wie lebendig sie ist!
MYTHOLOGE: Genau darum geht es in diesem Bild. Heute verstehen wir den Mythos nicht mehr und wollen alles naturwissenschaftlich erklären. Ein Bild wie dieses gilt geradezu als Beweis für die primitive Vorstellungswelt jener Zeit, in der alles von Geistern und Göttern bevölkert war. Aber der Künstler, der dieses Werk schuf, wollte damit nicht sagen, dass die Natur von allen möglichen Fabelwesen bevölkert wird, vielmehr symbolisiert die Elfe das „Lebendige der Pflanzenwelt“, das ein Bewohner jener Zeit noch intensiv in sich verspürte. So werden im Mythos aus dem inneren Erleben, aus dem Gefühl, nach außen projizierte Werke, seien es Bilder, Statuen, oder Erzählungen.
ROLLE | SPRECHER |
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ERZÄHLER | JOACHIM KERZEL |
TAKIMO, Sternreisender: | PETER FLECHTNER |
NOUI, C. O. Xyphons Schwester: | ANTJE VON DER AHE |
COX, Robothund: | COX |
ARISTIN, Pilot der Phoenix: | ERICH RÄUKER |
DR. ROMAN LANDAU, Astrophysiker: | JOACHIM TENNSTEDT |
DR. ELLEN NIVELLE, Kulturwissenschaftlerin: | CHRISTIN MARQUITAN |
TAUT, Philosoph und Bewusstseinsforscher: | NICOLAS BÖLL |
BLIN, Informatiker und Synästhetiker: | OLIVER FELD |
THÉRÈSE, Biologin: | ALEXANDRA MARISA WILCKE |
MYTHOLOGE, in einer Stadt | HANS BAYER |
POLIZEIROBOTER, in einer Stadt | HARALD EFFENBERG |
ROBOTERSTIMME, in einer Stadt | BERND EGGER |
ROBOTERDURCHSAGE, in einer Stadt | HANS BAYER |
Das Booklet zur CD enthält den Lexikonpunkt Metaphysik 2B
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